wissenschaft@phw - 01/2022

Selbstwirksamkeit als Ressource für junge Erwachsene im Umgang mit der Corona-Pandemie

Seit Anfang 2020 ist die Ausbreitung des Atemwegserregers Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID-19) zu einer beispiellosen Pandemie der jüngeren Geschichte geworden (Weltgesundheitsorganisation, 2021), die das gesamte Leben aller Menschen auf der ganzen Welt beeinträchtigt (Settersten et al., 2020). Zum Beispiel haben soziale Distanzierungsmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unter Hochrisikogruppen wie älteren Erwachsenen oder Personen mit Vorerkrankungen gezeigt, dass sie die soziale Isolation verstärken, was wiederum mit geringerer psychischer Gesundheit und niedrigerem Wohlbefinden verbunden war (Krendl & Perry, 2020; Whitehead, 2020).

Über die Auswirkungen der Pandemie auf junge Erwachsene, die sich in einer entscheidenden Entwicklungsphase befinden, in der viele Entwicklungsaufgaben und Übergänge gleichzeitig angegangen werden müssen, ist weniger bekannt (Arnett, 2000). Das aufkommende Erwachsenenalter ist durch eine große Variabilität und Instabilität der Rollenübergänge in mehreren Lebensbereichen gekennzeichnet (Fürstenberg et al., 2005), die durch die COVID-19-Pandemie noch komplizierter werden könnten. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass Selbstwirksamkeit als Ressource in schwierigen Zeiten dienen kann (Silbereisen, 2005). Selbstwirksamkeit hat sich sowohl angesichts schwerer traumatischer Ereignisse als auch angesichts täglicher Stressoren als ein Schutzfaktor für die psychische Gesundheit erwiesen (z. B. Epel et al., 1999; Schönfeld et al., 2016).


Die vorliegende Studie untersucht daher anhand von deutschen Umfragedaten, die vor und während der COVID-19-Pandemie erhoben wurden, ob Selbstwirksamkeit die pandemiebedingten Veränderungen von Lebenszufriedenheit sowie der Zufriedenheit in einzelnen Lebensbereichen abfedert. Der Fokus lag hierbei auf den Bereichen Arbeit und Peer-Beziehungen, da dies die entscheidenden Entwicklungsbereiche für junge Erwachsene sind (Fürstenberg et al., 2005; Scharf et al., 2004).

Die Stichprobe umfasste 377 junge Erwachsenen (56,5 Prozent weiblich) zwischen 18 und 29 Jahren. Die verwendeten Daten wurden in 2019 und zwischen August und Oktober 2020 erhoben.

Unsere Ergebnisse zeigten, dass es entgegen unseren Erwartungen keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Selbstwirksamkeitsniveau junger Erwachsener und der lebens- und domänenspezifischen Zufriedenheit während der Pandemie gab. Diese überraschenden Nulleffekte könnten mit der relativ milden ersten Welle der Pandemie im Frühjahr 2020 in Deutschland zusammenhängen. Darüber hinaus unterschied sich die domänenspezifische Zufriedenheit nicht nach Bildungsabschluss, und im Gegensatz zu unserer Erwartung berichteten Personen mit höherer Bildung sogar über eine geringere Lebenszufriedenheit während der Pandemie. Dies könnte daran liegen, dass Personen mit niedrigerem Bildungsstand in der Gruppe der systemrelevanten Arbeitskräfte tendenziell überrepräsentiert waren und daher in Pandemiezeiten viel Wertschätzung erfuhren (Blustein, 2011). Darüber hinaus reagierte der deutsche Arbeitsmarkt auf die COVID-19-Pandemie ähnlich wie während der wirtschaftlichen Rezession von 2008 mit der Erhöhung der Kurzarbeiterquote (Rinne & Zimmermann, 2012), was wirtschaftliche Folgen tendenziell abgefedert haben mag.


Es zeigte sich weiterhin, dass die Selbstwirksamkeit vor der Pandemie bei Befragten mit einem höheren Bildungsabschluss negativ mit der Zufriedenheit mit dem Freundeskreis während der Pandemie assoziiert war. Dies könnte daran liegen, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit einem höheren sozioökonomischen Status dazu neigen, sich eher persönlich mit FreundInnen zu treffen und nicht so oft mit FreundInnen zu chatten als solche aus niedrigeren sozioökonomischen Statusgruppen (Hurrelmann et al., 2019). Auch wenn die Nutzung mobiler Social-Media-Apps wahrscheinlich für alle jungen Erwachsenen zugenommen hat, hätten diejenigen mit niedrigerem Schulabschluss eher daran gewöhnt sein können, Freundschaften auf diese Weise zu pflegen, und somit brachten die sozialen Distanzierungsmaßnahmen für sie keine große Veränderung mit sich. Folglich könnten junge Erwachsene mit einem höheren Schulabschluss aufgrund des geringeren persönlichen Austauschs mit ihrem Freundeskreis unzufriedener gewesen sein. 

Autorinnen: Claudia Recksiedler & Monique Landberg

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