wissenschaft@phw - 01/2022

Die teilnehmenden Lehramtsstudierenden mit den Projektleiterinnen Kristina Götz (ganz hinten rechts) und Sarah Lukas (ganz vorne links). Robert Grassinger fehlte leider krankheitsbedingt.

Historische Fossiliensammlung Krauß wird digitalisiert

Die Pädagogische Hochschule Weingarten realisiert eine Bestandsaufnahme, Neubestimmung und Digitalisierung von rund 1.200 Fossilobjekten – Konzepte für digitale Lernmodule und mobile, thematisch bezogene Fossilienkoffer werden entwickelt.

Der Ravensburger Textilfabrikant Friedrich Krauß war um die Wende des 19./20. Jahrhunderts ein Pionier der Naturkunde und leidenschaftlicher Sammler in Oberschwaben. Nach seinem Tod im Jahr 1921 hinterließ er eine bedeutende Fossiliensammlung, von welcher der Fachbereich Geographie der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH) 1964 große Teile käuflich erwarb. Über 1.200 Objekte lagern seit 1972 im Dachgeschoss der Hochschulbibliothek. Im Februar 2020 startete die PH ein auf circa drei Jahre angelegtes Projekt, das die Bestandsaufnahme und Neubestimmung beziehungsweise Aktualisierung der paläontologischen und archäologischen Krauß‘schen Sammelstücke sowie die Erarbeitung von didaktisch-methodischem Begleitmaterial zum Ziel hat. „Wir möchten Konzepte für mobile, thematisch bezogene Lehrsammlungen entwickeln, die Sammlung aber auch in die digitale Welt überführen“, berichtet Dr. Andreas Schwab, Professor an der PH im Fach Geographie. Auf diese Weise soll die Sammlung Friedrich Krauß für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Regionaler Sammler von großer Bedeutung

Krauß sei nicht nur ein regionaler Sammler von großer Bedeutung gewesen. „Er hatte auch hohe didaktische Ansprüche und wollte die gesamte Erdgeschichte über seine Fossilien dokumentieren“, so Dr. Schwab. Aus der Sammlung gehe nicht eindeutig hervor, welche Exponate von Krauß selbst gesammelt und welche von ihm zugekauft wurden. In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Sammlung der Pädagogischen Hochschule von ehrenamtlichen Helfern sortiert und etikettiert, berichtet Dr. Schwab. Im Rahmen des laufenden Projekts hat die PH mit dem Diplom-Geologen und Paläontologen Dr. Volker J. Sach einen Profi und ausgewiesenen Kenner der Materie hinzugezogen. Allein schon die Materialfülle dieser historischen privaten geowissenschaftlichen Fossiliensammlung sei eine große Besonderheit, betont Dr. Sach. „Die Sammlung stellt eine der wenigen vorhandenen, nahezu gesamt-erdgeschichtlichen Fossilsammlungen in Oberschwaben dar, mit überwiegend europäischen Fundobjekten, teilweise aber auch Stücken von anderen Kontinenten.“

Porträt Friedrich Krauß von Gebhard Fugel, Public domain, via Wikimedia Commons

Auch die Tatsache, dass offensichtlich ganz bewusst und zielorientiert gesammelt worden sei, zeichne die Krauss-Sammlung aus. Sie beinhalte für die damalige Zeit recht exotisches Fundmaterial, beispielsweise aus Nordafrika (Ägypten) sowie Nord- und Südamerika und spiegele den damaligen paläontologischen Forschungsstand beim Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert wider, so Dr. Sach. Ihr Wert werde gesteigert durch mehrere, sehr wertvolle Fossilienobjekte klassischer Paläontologie-Fundstellen, wie beispielsweise circa 180 Millionen Jahre alte Fossilien aus dem Posidonienschiefer des Unteren Jura bei Holzmaden.

Große Vielfalt an Fossilgruppen

Der durch die Projektlaufzeit vorgegebene überschaubare zeitliche Rahmen stelle die Projektbeteiligten angesichts des Umfangs der Krauß‘schen Sammlung vor enorme Herausforderungen, so Dr. Sach weiter. Durchsicht, Bestimmungen, Recherchen und Dokumentationen zu einer sehr großen Vielfalt an Fossilgruppen – „quasi vom Einzeller über Pflanzen- und Spurenfossilien bis hin zum großwüchsigen Urelefanten beziehungsweise Mammut“ – seien für ihn herausfordernd und auch neu gewesen, berichtet der Experte. Bei der Sammlung habe man es mit Funden über einen geologischen Zeitraum von vor über 500 Millionen Jahren bis heute zu tun. Dr. Sach: „Hier sind sowohl paläontologische als auch sedimentologische Fachkenntnisse erforderlich, da manche Fossilien nur im Zusammenhang mit anhaftendem Gesteinsmaterial Fundstellen zugeordnet werden können.“ 

Die über 1.200 Objekte wurden inzwischen wissenschaftlich katalogisiert und in eine einfache Datenbank überführt. Im weiteren Projektverlauf erfolgte die Digitalisierung der Sammlung Krauß durch wissenschaftliche Hilfskräfte. Inzwischen sind alle Fundstücke auch digital fotografiert. Studierende des Fachs Mediendidaktik entwickeln aktuell mit verschiedenen Methoden (Photogrammetrie und 3D-Scan) dreidimensionale Modelle ausgewählter Fossilien. Diese sollen später zur Wissensvermittlung eingesetzt werden, so Dr. Schwab: „Zudem kann damit auch ein Informations- und Datenaustausch mit anderen geowissenschaftlich orientierten Hochschulen und Einrichtungen stattfinden.“ Die im Rahmen der aktuell dritten Projektphase geplante Erarbeitung klassischer Lernmedien (Texte, Bilder, Grafiken, Karten, Zeichnungen) als Begleitmaterial für themenbezogene Sammlungskoffer oder auch Wanderausstellungen komme dann Schulen, Museen und anderen Einrichtungen sowie der interessierten Öffentlichkeit zugute. Durch die Realisierung des PH-Projekts werde die Sammlung Krauß noch einmal stark aufgewertet, ist Dr. Sach überzeugt. „Sie wird sich so zu einer realen und virtuellen Paläosammlung entwickeln, quasi aus Oberschwaben für Oberschwaben.“

Finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt bislang durch den Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung (5.000 Euro) sowie durch den Sparkassenverband (3.000 Euro). „Wir sind dankbar, wenn wir weitere Finanzierungspartner finden können“, so Dr. Schwab (Kontakt: [email protected]).

Krauß-Sammelobjekte auch an weiteren Orten

Die Sammlung der PH zeigt allerdings nur einen Teil der Sammlerleidenschaft von Friedrich Krauß. Schon vor seinem Tod hatte dieser dem damals neu eingerichteten „Naturkunde-, Kunst- und Altertumsmuseum“ in Ravensburg einen Teil seiner Sammlung vermacht. Weitere Objekte schenkte er dem Kloster Weingarten. „Im Keller des Welfengymnasiums lagern heute noch fast ebenso viele Fossilien wie an der PH, sogar in den originalen Vitrinenschränken des früheren Museums“, berichtet Dr. Schwab. Zwischenzeitlich habe er den Kontakt zu einem Urenkel des Sammlers Krauß, dem Ethnologen und Ökologen Dr. Werner Krauß an der Universität Bremen, herstellen können. „Dabei wurde klar, dass bis heute noch Nachkommen von Friedrich Krauß in Ravensburg und der weiteren Umgebung leben. Sie dürfen gespannt sein, wie die Sammlung ihres Urgroßvaters in naher Zukunft in die Öffentlichkeit geht.“


Autorin: Barbara Müller

Fotos: Prof. Dr. Andreas Schwab, Barbara Müller

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In Paternoster, South Africa, scientists, activists and volunteers from different nations joined in a conference, discussing future challenges in education, such as multi-cultural education, international collaboration and mobile learning.

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