wissenschaft@phw - 01/2022

Auf dem Weg zur digitalen Lernumgebung „GameLet“: Professorin Dr. Ute Massler (rechts) bei der Projektentwicklung mit Teammitgliedern und Schülern der Realschule Weingarten.

Auf dem Weg zur digitalen Lernumgebung „GameLet“: Professorin Dr. Ute Massler (rechts) bei der Projektentwicklung mit Teammitgliedern und Schülerinnen und Schülern der Realschule Weingarten.

Digitale Lernumgebung für eine bessere Leseflüssigkeit

Im Projekt „GameLet“ kooperierte die PH Weingarten mit der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort sowie Hochschulen in Portugal und Zypern. Zusammen entwickelten sie ein Lernprogramm, mit dem Schülerinnen und Schüler mehrsprachiges Lesen üben können.

Um die Leseflüssigkeit und damit die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern der sechsten bis siebten Klassen zu verbessern, haben die Fächer Englisch und Mediendidaktik der Pädagogischen Hochschule Weingarten sowie die Realschule Weingarten in Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen, Schulen und Ministerien aus Deutschland, Portugal und Zypern eine digitale Lernumgebung mit spielerischen Elementen entwickelt. Das Projekt heißt „GameLet“ (gamifiziertes, medienbasiertes Leseflüssigkeitstraining). Unterstützt wurde es mit 350.000 Euro aus dem europäischen Programm Erasmus+ für den Zeitraum 2018 bis 2021.


Etwa ein Viertel bis ein Fünftel der Kinder hat nach der Grundschule nicht die erforderliche Lesekompetenz. Daher verwundert es auch nicht, dass rund jeder fünfte 15-Jährige in Deutschland im Bereich Lesen gerade einmal Grundschulniveau erreicht (PISA 2018).  Tendenz steigend. „Dieses Defizit beeinträchtigt das Lernen in anderen Schulfächern und kann zu schlechteren Noten führen“, erläutert GameLet-Projektleiterin Professorin Dr. Ute Massler von der PH Weingarten. Müssten die Schülerinnen und Schüler in den folgenden Schuljahren doch immer mehr lesen, um neue Inhalte zu lernen. Die Leseflüssigkeit ist als ein Aspekt der Lesekompetenz von zentraler Bedeutung, da sie eine Brückenfunktion zwischen Dekodierleistung und Textverständnis bildet. „Flüssig lesen zu können bedeutet nämlich, über basale Lesefertigkeiten zu verfügen, die es ermöglichen, auf der Ebene der Buchstaben, Wörter, Sätze und Textabschnitte Wortbedeutungen sicher und schnell zuordnen zu können, Texte mit einer angemessenen Lesegeschwindigkeit zu lesen und vorzulesen und dabei sinnorientiert intonieren zu können“, sagt Professorin Dr. Massler. Werde die Leseflüssigkeit gefördert, wachse gleichzeitig das Textverständnis.

Erweiterung des Mehrsprachigen Lesetheaters

Genau hier setzt GameLet an. Es basiert auf dem Ansatz des Mehrsprachigen Lesetheaters (MELT), einer Lautlesemethode zur Förderung der Leseflüssigkeit in verschiedenen Sprachen. Im Unterschied zu herkömmlichen Theaterinszenierungen rezitieren Schülerinnen und Schüler nicht frei, sondern lesen die MELT-Texte in verteilten Rollen und in mehreren Sprachen szenisch vor. „Mit Hilfe mediengestützter Einheiten erweitert GameLet das Mehrsprachige Lesetheater zu einer digitalen Lernumgebung“, erklärt Massler. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu ihrer erfolgreichen Podcast-Produktion durch eine Reihe von Aufgaben verschiedener Level, so genannte Missionen, geführt, die durch Lernspiele angereichert sind. „Die integrierten spielerischen Elemente haben das Ziel, die Lern- und Lesemotivation zu fördern.“

Herzstück von GameLet ist ein Podcast

In der GameLet Lernumgebung werden die Schülerinnen und Schüler von einem Produzenten als Sprecher für seinen neuesten Podcast engagiert, beispielsweise für eine moderne Adaption des Märchens von Hänsel und Gretel. Sie verlaufen sich zwar auch im Wald, müssen nun aber das Problem von Netzausfällen auf ihren Handys lösen, um der Hexe zu entkommen. „Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Rollen in diesem Lesetheaterstück und üben gemeinsam und online für die Aufnahme eines Podcasts in verschiedenen Sprachen, das Herzstück von GameLet“, beschreibt Massler. Systematisch und mit Spaß erarbeiten sich die Lernenden eine bessere Leseflüssigkeit. Dabei rege die Lernumgebung auf spielerische Weise dazu an, die Rollentexte wiederholt zu lesen. „Dies führt zu Automatisierungen, erweitert den Sichtwortschatz und führt zu einem tieferen Verständnis des Textes“, so die Professorin weiter. Wer viel übt und dadurch korrekt und gut intoniert vorliest, bekommt mehr Punkte und kann diese dazu verwenden, die Präsentation des aufgenommenen Podcasts mit einem professionellen Cover, Jingle und weiteren Elementen zu versehen.

GameLet nutzt für den Lernfortschritt drei Dimensionen: Modell-Lesen einer geschulten Vorleserin mit angemessener Intonation und Aussprache, um den Text zunächst zu hören, mehrmaliges Aufnehmen des eigenen Vorlesens sowie Auswählen der besten Version, für die man sich Feedback einholen kann. „Mit GameLet können die Schülerinnen und Schüler das Lesen zusammen mit Lesepartnern online trainieren“, erklärt Massler. Die Lernumgebung enthält mehrsprachige Texte, wodurch die Lernenden ihre Leseflüssigkeit sowohl in Deutsch als auch in Englisch trainieren.

Viele positive Rückmeldungen

Positiv sind die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler in den Projektklassen der drei Partnerländer. „Die Schüler haben die Erfahrung wirklich genossen. Sie schätzten die gemeinschaftliche Arbeit, das spielerische Lernen, die digitalen Werkzeuge und die Tatsache, dass die Aktivitäten sowohl in der Klasse als auch aus der Ferne durchgeführt werden konnten", erklärt Forscherin Cristina Sylla von der University of Minho in Portugal. Dies kann Professorin Dr. Massler nur bestätigen. Für Lehrkräfte gab es bereits mehrere Multiplier-Veranstaltungen. „Auch hier sind die Rückmeldungen positiv. 80 Prozent der Teilnehmenden würden gerne GameLet im Unterricht einsetzen“, berichtet Massler.

Autorin: Claudia Wörner

Schulgärten als sinnstiftende Lernorte

Mehr als 100 Teilnehmende aus ganz Europa tauschten sich Ende September 2021 bei der Online-Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schulgarten e.V. über Gärten als Orte der Naturerfahrung und des Wohlbefindens aus.

Integrationsprojekt vom DAAD ausgezeichnet

Im internationalen Projekt R/EQUAL haben die Hochschulpartner Köln, Stockholm, Wien und Weingarten sich mit ihren Integrationsprogrammen für migrierte und geflüchtete Lehrkräfte vernetzt und gemeinsam Materialien entwickelt.

VALIANT bringt Lehrkräfte in Kontakt

Das Erasmus+ Projekt soll Lehrkräften der Primar- und Sekundarstufe sowie Lehramtsstudierenden helfen, Gefühle der Isolation zu überwinden, indem sie an virtuellen Kooperationsprojekten mit Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa teilnehmen.