wissenschaft@phw - 02/2022
Feministische Ethik – und Ethik nichttoxischer Männlichkeit
Zwei studentische Forschungsarbeiten im Fach Philosophie/Ethik
Unabhängig voneinander sind im Fach Philosophie/Ethik im Wintersemester 2021/22 betreut von Professor Dr. Philipp Thomas zwei überaus aktuelle Bachelorarbeiten entstanden: "Was heißt es, heute als Frau zu existieren?" von Selina Müller und "Was heißt es, heute als Mann zu existieren?" von Leon Bölli.
Selina Müllers Arbeit vertieft sich in die feministische Ethik und spannt einen Bogen von den klassischen Philosophien Simone de Beauvoirs, Carol Gilligans und Martha Nussbaums bis hin zur gegenwärtigen Diskussion in der feministischen Border Theory und der Intersektionalität: Während die Klassiker zu allererst das Geschlecht als soziales Konstrukt herausarbeiten und Frauen als autonome Subjekte beschreiben mussten, lösen sich die aktuellen Theorien von der Homogenität der Begriffe ‚Frau‘ und ‚Mann‘ und fassen weibliche Identität differenzierter und pluraler, indem andere Dimensionen der Exklusion hinzukommen, etwa aus Sicht der Women of Colour oder aufgrund von Alter oder Behinderung diskriminierter Frauen.
Müller geht noch einen Schritt weiter, sie arbeitet heraus, wie die feministisch-philosophische Perspektive ganz konkret in die verschiedenen Themen des Bildungsplans Ethik Baden-Württemberg eingehen kann. Schon diese als Bachelor-Arbeit noch begrenzte Forschungsperspektive hat das Potenzial zur Veränderung des Ethikunterrichts: Einerseits geht es darum, in den verschiedenen Themen gezielt weiblichen Minderheiten eine Stimme zu geben und ein Bewusstsein für männliche Dominanz zu schaffen, andererseits muss auch die Vorherrschaft männlicher Philosophen im Kanon des Fachs selbst problematisiert werden.
„Was heißt es, heute als Mann zu existieren?“ Leon Bölli schlägt in seiner Bachelor-Arbeit einen weiten Bogen von frühneuzeitlichen Männlichkeitsbildern über den Mann als Krieger und den New-Age Mann bis hin zur Frage toxischer Männlichkeit in der Gegenwart.