wissenschaft@phw - 02/2022

Ethik nicht-toxischer Männlichkeit

Zwei studentische Forschungsarbeiten im Fach Philosophie/Ethik

Unabhängig voneinander sind im Fach Philosophie/Ethik im Wintersemester 2021/22 betreut von Professor Dr. Philipp Thomas zwei überaus aktuelle Bachelorarbeiten entstanden: "Was heißt es, heute als Frau zu existieren?" von Selina Müller und "Was heißt es, heute als Mann zu existieren?" von Leon Bölli.

Leon Böllis Arbeit zu toxischer Männlichkeit in der Gesellschaft und der Frage neuer Ziele in der ethischen Bildung steht der Arbeit von Selina Müller nicht nach. Auch Bölli schlägt einen weiten Bogen von frühneuzeitlichen Männlichkeitsbildern (noblesse oblige) über den Mann als Krieger (ein erschütterndes Beispiel: die Hinrichtung britischer Soldaten im Ersten Weltkrieg wegen ‚Feigheit‘), über Pierre Bourdieus Untersuchung zum Habitus und zur Inkorporation konstruierter Wirklichkeit (Männlichkeit als soziale Praxis) und über den New-Age Mann bis hin zur Frage toxischer Männlichkeit in der Gegenwart: eine aus Unsicherheit geborene Überkompensation und übertriebene Zurschaustellung von (vermeintlicher) Männlichkeit. Hier geht Bölli auf die ethischen Implikationen von Gegenwartsphänomenen ein, etwa auf die widersprüchlichen Erwartungen an den ‚neuen Mann‘ (stark, erfolgreich, aber gleichgestellt), auf Gewalt und Aggression als Ventil unterdrückter Aggression und auf den Frust männlicher Jungfrauen. Ganz ähnlich, wie Selina Müller den Bildungsplan Ethik aus feministisch-ethischer Perspektive neu denkt, sucht Leon Bölli in der ethischen Bildung neue Wege für eine veränderte, positive männliche Identität: sowohl durch die typisch philosophische Perspektivübernahme als auch durch Elemente der Jugendarbeit im Ethikunterricht.